"Liebe Leserinnen, liebe Leser! Der "Eulenspiegel" ist bekanntlich für jeden Schwachsinn zu haben. Aber nicht, wenn er von oben verordnet wird! Die neue Rechtschreibreform zum Beispiel geht uns, auf gut deutsch gesagt, am Arsch vorbei. Nur jeder sechste Bürger, so wurde ermittelt, will sich an die halbgaren neuen Regeln halten. Wir haben nachgezählt: Wir sind nicht der sechste, sondern - wie zu erwarten war - der erste. Folglich werden wir uns an dem Versuch, auch noch den letzten Legastheniker in den Stand des Schriftgelehrten zu erheben, nicht beteiligen. Außerden fehlte uns gerade das Kleingeld für einen neuen Duden. Uns ist durchaus bekannt, daß sich fast alle richtig deutschen Zeitungen und Zeitschriften - auch der ehemals in diesem Punkt besonders großmäulige "Spiegel", haha! - gewohnt anpasserisch verhalten. Weil sie zu faul sind, die neudeutschen Agentur-Meldungen ins Altfränkische zu übersetzen. Oder - so die offizielle Lesart - weil sie beim sprachlichen Abstieg "nicht hinterherhinken" (neu: hinterher hinken) wollen. Wir aber wissen noch aus DDR-Zeiten: Die (ideologisch) Zurückgebliebenen können ganz schnell zur Avantgarde werde. Und diesmal wollen wir dabei sein! Freilich wissen wir auch, daß uns viele Deutschlehrer und Beamte hierzulande (neu: hier zu Lande) nicht folgen werden, wenn wir in den orthografischen Untergrund abtauchen. Unser subversiver Akt der Verweigerung wird uns also Leser und Geld kosten. Aber was zählt schon der schöne, schöne Mammon, wenn es um die Sache geht?! Den tapferen deutschen Widerständlern rufen wir zu: Reformgegner aller Bundesländer, vereinigt euch! Schart euch um den "Eulenspiegel", die Speerspitze der Konterreform! Nur hier, in diesem Blatt, wird man künftig noch lesen können, wie schön schwachsinnig die deutsche Sprache einst war! Bis auf Widerruf natürlich. Herzlichst, Ihre Redaktion "Eulenspiegel"©" |
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last update: 05.01.2001 |
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