ATV-Grundlagen



ATV (Amateur-Television) bietet ein besonders faszinierendes Experimentierfeld für den Funkamateur. Daß der Einstieg in diese Betriebsart gar nicht so schwer ist, wie es auf den ersten Blick erscheint, soll der folgende Bericht von Otmar Basan, DL4KT, zeigen.

(Das Copyright liegt beim Verfasser DL4KT; entnommen habe ich den Beitrag der Sonderzeitschrift "Amateurfunk" 1993, Bauen und Experimentieren, S.30ff.)

Lange Zeit war ATV nur einigen wenigen Funkamateuren vorbehalten. Die Hauptursache war die sehr schwierige Beschaffbarkeit des Materials, das man dafür brauchte. Bis vor wenigen Jahren war es fast unmöglich, eine halbwegs vernünftige Kamera zu einem erschwinglichen Preis zu erwerben. Und wenn man eine ausgemusterte Überwachungskamera ergattern konnte, lieferte sie zumeist nur ein schlechtes Schwarzweißbild. Mit anderen Möglichkeiten zur Erzeugung von Bildsignalen war es auch nicht gut bestellt. Die Preise für Videorecorder lagen weit jenseits dessen, was ein Normalbürger ausgeben kann (vor zehn Jahren kostete ein guter VHS-Videorecorder noch etliche tausend Mark!), und Heimcomputer waren nur in sehr wenigen Haushalten vorhanden.

Die Situation hat sich grundlegend geändert. Ein Heim-Videogerät und einen Camcorder zu besitzen gilt mittlerweile kaum noch als Luxus; eine Preissenkung jagt die andere. Von Computern ganz zu schweigen. Jetzt kommt uns noch ein sehr glücklicher Umstand zu Hilfe - die zunehmende Verbreitung des Satellitenfernsehens.

Die Satelliten senden eigentlich im 11GHz-Bereich. Doch hier ist die Kabeldämpfung extrem hoch (die Kabeldämpfung ist eine Funktion der Frequenz!), und daher wird das vom Satelliten empfangene Signal bereits in einem unmittelbar der Antenne folgenden Mischer auf einen niedrigen Bereich umgesetzt, um eine erträgliche Kabeldämpfung zu erhalten. Eben dieser Bereich schließt aber zufälligerweise das 23cm-Amateurfunkband (1240-1300 MHz) ein. Es erfordert viel Übung, einen brauchbaren Empfänger für das 23cm-Band selbst zu bauen.

Früher wurde deshalb ATV überwiegend im 70cm-Band (430-440 MHz) abgewickelt. Für den Empfang reichte ein handelsübliches Fernsehgerät, dessen Empfindlichkeit ggf. noch durch einen Vorverstärker erhöht werden konnte. Das brachte aber den Nachteil mit sich, daß die auch beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen gebräuchliche Amplituden-Modulation (AM) angewendet werden mußte. Ein AM-TV-Signal hat eine Bandbreite von "nur" 5,5MHz. Aber ein Sender dafür ist schwierig aufzubauen, besonders wegen der geforderten hohen Linearität der Verstärkerstufen.

Schon das war ein Grund, weshalb die meisten Funkamateure früher davor scheuten, sich am Bau von ATV-Geräten zu versuchen. Heute aber können wir auf Satellitentuner zurückgreifen, die zumeist auf Flohmärkten (siehe unten) preiswert zu haben sind. Durch Ausnutzung der Spiegelfrequenz kann man einen solchen Tuner sogar für den Empfang im 13cm-Band (2320-2450MHz) verwenden.

Und nun der Clou: Da die beiden genannten Bänder sehr breit sind, sind Frequenzschwankungen in Megahertz-Größenordnung durchaus tolerierbar. Und es kann Frequenzmodulation angewendet werden. Die dabei entstehende Bandbreite von 16MHz ist hier ebenfalls zu verkraften.

Die Frequenzmodulation hat unterdessen für den Senderbau mehrere große Vorteile:

  1. Der Modulator ist äußerst einfach. Das Modulationssignal muß im Prinzip nur irgendwo auf den Oszillatorschwingkreis gegeben werden.
  2. Ein FM-Signal läßt sich vervielfachen und teilen.
  3. Es werden keinerlei Anforderungen an die Linearität der nachfolgenden Verstärker gestellt.


Bei der nun folgenden Erläuterung der Funktionsweise eines ATV-FM-Senders wird davon ausgegangen, daß bereits eine normgerechte Video- und Audio-Signalquelle vorhanden ist. Das kann eine Kamera sein oder ein Videorecorder. Oder ein Computer. Auf jedem Heimcomputer läßt sich mit weniger als 50 Programmzeilen in der Programmiersprache BASIC ein Programm schreiben, das eine eindrucksvolle Testbildsequenz erzeugt. Der Kreativität kann man freien Lauf lassen. Allerdings sollte man immer die gesetzlichen Vorschriften über den Inhalt von Amateurfunkaussendungen im Auge behalten. Insbesondere die in regelmäßigen Abständen vorgeschriebene Rufzeichennennung (in Bild und Ton!) könnte man vor lauter Begeisterung leicht vergessen.

Die erste Baugruppe des Senders dient der Erzeugung des sogenannten Basisbandes. Dieses besteht aus dem Videosignal und dem frequenzmodulierten Ton-Unterträger, der bei der in Deutschland gebräuchlichen Norm eine Frequenz von 5,5MHz hat.

Das Audiosignal moduliert (ggf. nach Durchlaufen einer Verstärkerstufe) einen Oszillator, der auf 5,5MHz schwingt, in seiner Frequenz. Der so entstandene Ton-Unterträger ergibt zusammen mit dem Videosignal. das vorher noch ein Anpassungsglied und eine Verstärkerstufe passiert hat, das Basisband.

Mit dem Basisband wird der Senderoszillator moduliert. Üblicherweise schwingt der Oszillator direkt auf der Sendefrequenz. Wenn er sorgfältig mit modernen Bauteilen aufgebaut wird, ist die Frequenz für FM-ATV stabil genug. Auf den früher gebräuchlichen Kunstgriff, zuerst ein Signal von niedrigerer Frequenz zu erzeugen und es dann zu vervielfachen, kann also verzichtet werden. Die beliebte Kapazitätsdioden-Abstimmung ist problemlos anwendbar.

Nach dreistufiger Verstärkung hat das FM-ATV-Signal eine Leistung von 0,5 Watt.

Für die Anzeige der Frequenz empfiehlt es sich, sie mit einem Zähler zu messen. Die Anzeige ist dann hundertprozentig exakt, und man läuft nicht Gefahr, außerhalb des zulässigen Bereiches zu senden.

Handelsübliche Satellitentuner sind sehr unempfindlich, weil der in der Parabolantenne eingebaute Konverter ein recht starkes Signal liefert. Daher ist ein Vorverstärker unumgänglich; er sollte das Signal um mindestens 30dB anheben (besser sind 40dB). Die Frequenz des Überlagerungsoszillators ist so gewählt, daß als ZF ein Signal entsteht, das etwa auf UHF-Kanal 22 liegt. Schließt man am Ausgang des Mischers einen handelsüblichen Fernseher an und stimmt ihn auf Kanal 22 ab, so kann man damit Stationen, die in AM senden, wie beispielsweise dem Multimedia-Umsetzer DB0KO in Köln empfangen.

Für den FM-Empfang sind weitere Baugruppen notwendig. Zuerst der Demodulator; an seinem Ausgang ist das Basisband verfügbar. Der Basisband-Konverter filtert das Tonsignal heraus und demoduliert es.

Auch hier vervollständigt ein Frequenzzähler die Schaltung. Zur Not kann - auf Kosten der Genauigkeit - die Anzeige aus der Potentiometerspannung abgeleitet werden.

Mit 0,5 Watt Sendeleistung an einer Antenne, die 15dB Gewinn macht (eine Yagi für 23cm ist dann 1,2m lang), können jederzeit Bilder über etwa 30km übertragen werden. Eine Leistungsendstufe erweitert die Möglichkeiten. DL5KCE aus Eschweiler hat kürzlich bei angehobenen Bedingungen mit 10 Watt Sendeleistung eine Station bei Den Haag (Holland) mit klarem Bild erreicht. Die Entfernung betrug ca. 185km. Apropos Holland: Viele niederländische Funkamateure senden mit der in Großbritannien gebräuchlichen Tonablage von 6MHz, um problemlos mit den Briten kommunizieren zu können ´. Beim Empfang einer solchen Station mit einem Gerät deutscher Norm ist kein Ton hörbar. Ein Basisbandkonverter mit variabler Tonablage beseitigt diese Schwierigkeit. (es gibt käufliche Satellitenempfänger, bei denen sich die Tonablage PLL-gesteuert automatisch einstellt.)

Verbindungen im 23- und 13cm-Band setzen grundsätzlich voraus, daß sich zwischen den beteiligten Stationen kein Hindernis befindet. Schon ein Wald kann eine Verbindung unmöglich machen. Was allerdings auf diesen Bändern gut ausgenutzt werden kann, sind Totalreflexionen. So liegt beispielsweise zwischen DL5KCE in Eschweiler und DL9KAS in Langerwehe ein Hügel, der die Direktverbindung unmöglich macht. Drehen sie aber ihre Antennen zum E-Werk in Eschweiler-Weisweiler, so ergeben sich durch Reflexion rauschfreie Bilder auf beiden Seiten!

Für die Qualitätsbeurteilung wird bei ATV übrigens nicht das RST-System verwendet. Statt dessen hat sich folgende Skala bewährt:

B0 = Nichts zu sehen
B1 = Synchronsignal sichtbar
B2 = Großes Rufzeichen erkennbar
B3 = Kleinere Details erkennbar
B4 = Leicht verrauschtes Bild
B5 = Rauschfreies Bild

Wie kommt überhaupt eine ATV-Verbindung zustande?

Die Verbindungspartner müssen sich ja erst einmal finden! Dafür eignet sich das 2m-Band. Hier kann man sich treffen und eine ATV-Verbindung vereinbaren. Man teilt sich gegenseitig die Standorte mit und richtet die Antennen aus. Fester Bestandteil einer ATV-Station ist daher ein 2m-Gerät. Das muß kein besonders toller Zauberkasten sein, das Quarzgerät aus der Mottenkiste ist genau richtig dafür. Als internationale Anruffrequenz für ATV ist 144,750MHz festgelegt worden, Betriebsart FM. Leider wird diese Frequenz zur Verärgerung der ATV-Aktivisten immer wieder durch Ortsrunden belegt. Es gibt zwar kein Gesetz, das das verbietet, aber der IARU-Bandplan hat durchaus seinen Sinn. Kameradschaft und Toleranz sollten unter Funkamateuren eigentlich selbstverständlich sein.

Was muß man eigentlich investieren?

Grundsätzlich gilt: Je mehr man bereit und in der Lage ist, selber zu bauen, desto billiger wird es. Allerdings sind auf Flohmärkten oft recht interessante Angebote aufzuspüren. Mit etwas Glück kann man mitunter Tuner schon für DM 10.- bekommen, oder einen Tuner mitsamt Demodulator für zusammen DM 30.-. Ein Bausatz für einen Basisband-Konverter ist für DM 35.- erhältlich. Die Transistoren für die HF-Vorstufe schlagen mit DM 16.- zu Buche. So kauft man mal hier, mal dort, ein paar Teile ein und hat irgendwann die Station zusammen - für wenig Geld und viel Bastelvergnügen. Oder man bestellt alle Komponenten als komplette Bausätze und hat dann für etwa einen halben Tausender eine funktionsfähige Sende- und Empfangsstation für 23cm (ohne Frequenzzähler!). Jeder muß für sich entscheiden, wie er an seine ATV-Station kommt. Eines aber darf man nie vergessen: Amateurfunk ist ein Hobby. Der Spaß sollte immer im Vordergrund stehen.

Weitere Informationen kann man erfragen beim Autor Otmar Basan, DL4KT, Kaiserstr. 114, 5102 Würselen.

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last update: 01.12.2000 home  back  top