Relais



Altes Eisen
Wer meint, Relais zählen zum "Alten Eisen" und dabei an große Rundrelais denkt, der irrt sich ganz gewaltig. Die heutigen Relais sind nicht mehr die klapprigen, klobigen Teile, die sie mal waren. An dieser Stelle muß ich mich bei Herr Prätorius von der Fa. Marschall in Frankfurt bedanken, von dem ich sehr viel über die faszinierende Relaistechnik von heute in Theorie und Praxis gelernt habe.

Geschichte
Das Wort Relais ist von dem französischen relayer ("von der Arbeit ablösen") abgeleitet und bedeutete zu Beginn der Telegrafenzeit eine Einrichtung, wo die durch lange Leitungen geschwächten Signale aufgefrischt wurden. Auch die Poststützpunkte zu Zeiten des Wilden Westens nannte man "Relais-Stationen", wo sich die Kutscher und Fahrgäste frischmachen konnten und die Pferde gewechselt wurden. Aber zurück zur Elektronik. Relais sind elektrisch fernsteuerbare Schalter. Es gibt kein Universalrelais, sondern für jeden Einsatzzweck das passende Relais, welche für Drehstrom-Motore und andere für Hochfrequenz.

Seit der Erfindung des Relais galt es als Gesetz, daß die zur Erregung eines Relais benötigte Energie mit der Anzahl der zu schaltenden Kontakte wächst. Ein deutscher Erfinder namens Sauer gab sich damit nicht zufrieden und erfand ein Relais, bei dem dieser Zusammenhang nicht mehr gilt. Der Schlüssel hierzu ist der Luftspalt im Magnetkreis. Bei einem gewöhnlichen Relais alter Bauform ist dieser Luftspalt nicht konstant. Der Luftspalt stellt einen Widerstand für den magnetischen Fluß dar. Deshalb ist ein relativ hoher Strom notwendig, um diesen Widerstand zu überwinden. Dieser Strom wächst mit der Anzahl Kontakte, die dem einen mechanischen Widerstand entgegensetzen. Das neue an Sauers Erfindung bestand nun darin, diesen Spalt konstant zu machen. Hierzu dient ein doppelt symmetrisch um den Anker (den beweglichen Teil) angeordneter Magnetkreis. Zusätzlich wird der Anker mit einem Permanentmagnet ausgestattet, der quasi in Reihe zur Spule (die aus diesem Grund nun "Plus" und "Minus" kennt) im magnetischen Kreis liegt und diesen unterstützt. Klingt einfach, muß man aber erst mal drauf kommen. Sauer hat vergeblich versucht, seine Idee an Firmen wie AEG oder Siemens zu verkaufen und gründete daraufhin seine eigene Firma: die SDS-Relais AG ("Sicherheit Durch System"). Leider existiert diese Firma nicht mehr; sie ging auf in der Fa. NAiS / Matsushita. Diese Relais-Technologie wird heute von vielen Firmen (Siemens!, Takamisawa, Omron und Schrack) nachgebaut. Das Original kommt aber von SDS.

Neue Technologie
Was unterscheidet ein Relais mit dieser Technologie nun von herkömmlichen Relais? Erkennen kann man sie an einer sehr kleinen Bauform, an der oben erwähnten Polung der Spule und am wesentlich höheren Spulenwiderstand (bei 12V ca. 1000 Ohm, bei herkömmlichen nur 300-600 Ohm). Hieraus ergeben sich wesentliche Vorteile: kleinste Erregerleistungen, d.h. geringer Stromfluß, hoher Wirkungsgrad, viele Kontakte, Robustheit, kleine Bauform, dadurch sehr gute HF-Eigenschaften, geringes Gewicht, wenig Geräusche beim Schalten und Sonderbauformen wie bipolare Relais mit einer oder zwei Spulen, die ihre Lage auch ohne Erregerspannung beibehalten. Das alles macht sie zu Bauteilen, die gerade in der heutigen Zeit der Miniaturisierung eine große Rolle spielen. Das macht sie auch für uns Funkamateure interessant. Leider sind sie nicht gerade billig. Aber eine immer ergiebige Quelle für diese Teilchen sind die Restpostenlisten verschiedener Anbieter (z.B. Pollin, Conrad), die diese Relais immer wieder im Angebot haben. Mein Tip: Wenn man Namen wie SDS, NAiS oder Matsushita liest und man mit den Spulenspannungen leben kann, sofort zuschlagen und bunkern. Da kommt der Jäger- und Sammlertrieb wieder durch.

Als kleines Beispiel hier die technischen Daten des Typs TQ2 (SDS = NAiS = Matsushita):

Abmessungen:14x9x5 mm3
Ansprechleistung monostabil:80 mW
Ansprechleistung bistabil:55 mW
Kontaktart:2 Umschalter
Kontaktwiderstand bei 6V/1A:50 mOhm
Kontaktmaterial:Au/Ag
Max. Schaltspannung:110 VDC, 125 VAC
Min. Schaltspannung:10 mVDC
Max. Schaltstrom:1 A
Min. Schaltstrom:10 µA
Spannungsfestigkeit:700 Veff Kontakt/Kontakt
 1000 Veff Kontakt/Spule
Lebensdauer mechanisch:108 Zyklen
bei 1 A/30 VDC resistiv:2 x 105 Zyklen
Kontaktkapazität:0,5 pF
waschdicht:nach IP67
Quelle: NAiS/ Matsushita


Also wenn das nicht überzeugend ist? Alleine der große Strombereich (immerhin 5 Zehnerpotenzen), die geringe Ansprechleistung und die kleine Kontaktkapazität machen sie für den HF-Bereich bis in das 23cm-Band sehr brauchbar. Deshalb fiel bei mir für den Bau eines Abschwächers die Wahl auf einen Bruder des TQ2, das TX2 (das TQ2 quasi hochkant). Ich konnte nur 24V-Typen ergattern, aber die Vorteile der Bauform wiegen die von 12V abweichende Stromversorgung auf, da ich das Teil nur am Meßplatz einsetzen will.

Leider gibt es einen ganzen Haufen Schrott auf dem Markt, der noch mit der herkömmlichen Technik arbeitet. Am besten läßt man die Finger von diesen Stromfressern. Außer es gibt einen guten Grund wie 23 Kontakte oder 40A, die zu schalten sind. Ansonsten sollte man sie meiden.

Sonderbauformen
Es gibt noch ein paar Sonderbauformen, die ich hier nicht unerwähnt lassen will, weil sie manchmal ganz nützlich sind: das sind die Reed-Relais, die sog. Stromrelais und Relais mit integrierter Elektronik.

Die Reed-Relais beherbergen eine Spule, in dessen Inneren ein Reed-Kontakt angeordnet ist. Dieser bietet einige Vorteile. Zum einen hat so ein Reed-Kontakt einen extrem niedrigen Kontaktübergangswiderstand, weil er manchmal mit Quecksilber benetzt ist und zum anderen ist der Kontakt unter Schutzgas (Argon o.ä.) in ein Glasröhrchen eingeschmolzen. Das macht ihn für den Kleinsignalbereich sehr geeignet, wo es darum geht, kleinste Ströme oder Spannungen sicher zu schalten. Ein weiterer Vorteil ist, daß die beiden Kontakte quasi in einer Linie liegen. Eine Anordnung des Reed-Kontaktes in einem Messingrohr und halbwegs vernünftiger Dimensionierung macht diese Anordnung zum idealen Koaxial-Schalter. Reed-Relais haben aber auch Nachteile: je größer sie sind, desto empfindlicher reagieren sie auf Erschütterungen und bei Überlast 'kleben' sie gerne.

Die zweite Sonderform ist das sog. Stromrelais. Hier handelt es sich im Prinzip auch um einen Reed-Kontakt, der aber im Gegensatz zu normalen Reed-Relais von einer sehr niederohmigen Spule (im Ohm-Bereich) umgeben ist. Hier ist der im Vergleich zu herkömmlichen Relais sehr hohe Strom das Entscheidende. Diese Relais werden mit ihrer Erregerspule in Reihe zu einem Verbraucher in den Stromkreis eingeschaltet. Hier liegt auch schon die Hauptverwendung dieser Relais: in der Überwachung eines Stromflusses, zum Beispiel der Überwachung des Schleifenstroms (Hörer abgenommen) bei herkömmlichen Analog-Telefonen und Modems sowie in der Kfz-Industrie. Es gibt nichts einfacheres, eine Auto- oder Moped-Rückleuchte zu überwachen. Alte ausgediente und langsame Modems sind eine gute Quelle für diese teuren Teile; man erkennt sie an der langgestreckten, flachen Bauform, meist immer in einem Metallgehäuse. Sie besitzen in den allermeisten Fällen auch nur einen Arbeitskontakt. Den kann man ja bei Bedarf ein herkömmliches Relais schalten lassen.

Die letzte Sonderbauform, die ich erwähnen will sind die Relais mit integrierter Elektronik, nicht zu verwechseln mit sogenannten Solid-State-Relais, die keine mechanischen Teile mehr besitzen. Relais mit integrierter Elektronik sind Relais der sogenannten dritten Generation. Damit sind Relais gemeint, die in einem Gehäuse neben den herkömmlichen mechanischen Teilen eine elektronische Schaltung unterbringen. Das kann ein Zeitschalter sein (Anzugs- oder Abfallverzögerung), eine programmierbare Triggerschaltung oder die sogenannte C-Schaltung. Die C-Schaltung reduziert den Energiebedarf eines Relais soweit, daß man im Gegensatz zu herkömmlichen Relais ein solches sein ganzes Leben lang mit der Energie einer Monozelle betreiben könnte. Übertragen auf ein Auto, würden 5 Liter Benzin reichen, um es sein ganzes Leben lang, also ca. 200.000km zu fahren! Beim C-Relais lassen sich je nach Einschaltdauer oder Schaltfrequenz bis zu 99,9% der bei konventionellen monostabilen Relais benötigten Energie einsparen! Die C-Schaltung enthält neben einigen Dioden und Transistoren einen Kondensator, der in Serie zur Erregerwicklung eines bistabilen Relais geschaltet ist. Die Ladezeitkonstante aus C und dem Spulenwiderstand ist so bemessen, daß sie im Bereich der Ansprechzeit des Relais liegt. Auf diese Zeit in der Größenordnung von Millisekunden wird der Stromverbrauch beim Anlegen der Erregerspannung begrenzt. Danach fließt außer einem Leckstrom im Mikroamperebereich kein Strom mehr. Die Schaltung sorgt dafür, daß beim Abschalten der Erregerspannung der Kondensator entladen wird und ein entgegengesetzter Strom fließt, der das bistabile Relais wieder abfallen läßt.

So viel erst mal zu den Relais; wie man sieht, lohnt es sich, sich ein bischen damit zu beschäftigen. Ein paar Schaltungstips folgen hier noch.



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last update: 05.01.2001 home  back  top